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Ausstellung „Stets gern für Sie beschäftigt …“, ifa-Galerie Berlin, 2005

 

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Foto: M. Zalewski

Auftauchende Gesichter
Katrin Bettina Müller

 
An die Bühne eines Puppenspiels erinnern die Tableaus mit keramischen Figuren, die Heidi Stern in der Ausstellung “Stets gern für Sie beschäftigt” in der ifa-Galerie zeigt

 

Die eine Szene “spielt” in einer Schreinerwerkstatt, die andere in einem Erdloch. Wie Zucker oder Mehl sieht das weiße Zeugs aus, das in dieser winterlichen Szene den Schnee simuliert. Irgendwie spürt man, dass an den Szenen etwas nicht stimmt; dass die kleinen Figuren als Hilfstruppen eingesetzt sind, etwas zu erzählen, was sich schwer einordnen lässt

 

Die Normalität der Szene in der Schreinerwerkstatt ist trügerisch, alle Figuren sind ohne Unterleib geformt und auf Paletten gesetzt

Bei den anderen, die im Graben stecken, kann man nicht einschätzen, ob sie sich verstecken wollen oder Wache halten

 

Tatsächlich beruhren die Szenen von Heidi Stern auf einem Film über einen Fotografen, der das Ghetto in Lodz für Propagandazwecke der Nationalsozialisten fotografiert hat. Da war der Schein des Normalen eine Tarnung des Todes, und dieses Falsche der Atmosphäre bringt Heid Stern in ihren Skulpturen wieder neu hervor

 

Der Schrecken über die historische Wahrheit wird dabei in einer im wahrsten Sinne des Wortes handhabbare Form geknetet. Die Köpfe und Büsten, von denen Heidi Stern schon große Scharen hervorgebracht hat, entstehen in ihren Händen wie eine durch den Körper gegangene Erinnerung

Es sind die Stellvertreter Namenloser und um ihre Namen Gebrachter, etwas wie ein Chor, der sie im Inneren uhres Kopfes ihr Leben lang begleitet hat

 

Sterns Skulpturen und Installationen sind Teil der Ausstellung, die sich in sehr unterschiedlicher Form mit dem Gedanken an den Holocaust beschäftigt und Spuren davon in der Gegenwart wiedefindet

Die Beiträge von Tanya Ury, Uriel Orlow, Yael Katz Ben Shalom, Renate Stih und Frieder Schnock sind alle mit sehr konkreten Recherchen verbunden und fragen danach, wie historische Forschung und persönliches Handeln zusammengebracht werden können

Die Form dafür muss immer wieder neu gefunden werden und schon aus diesem Grund ist diese Ausstellung sehr ungewöhnlich

 

 

 

“tip-Berlin”, issue 05/05, p. 64

Tip/ Kunst/ Notizen … “HERAUSRAGEND”

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